Grevesmühlen Mit immerhin 64 Jahren erfüllte sich Georg G. aus Schönberg seinen Traum von einem Jagdschein. Als einer der ältesten Schüler bestand er auf Anhieb das „Grüne Abitur“, wie der Lehrgang unter Waidmännern auch genannt wird. Heute, acht Jahre später, ist dieser Traum geplatzt. Das Jagdgewehr des inzwischen 72-Jährigen liegt in der Asservatenkammer der Staatsanwaltschaft, seinen Begehschein für das Revier ins Rupensdorf ist G. seit Anfang vergangenen Jahres los und in dieser Woche verurteilte das Grevesmühlener Amtsgericht den Rentner wegen Wilderei und Verstoß gegen das Waffengesetz zu einer Geldstrafe von 1800 Euro. Dass die Untere Jagdbehörde des Landkreises den Jagdschein demnächst einkassieren wird, ist mehr als wahrscheinlich. Und Georg G. stinksauer.
„Ich wollte doch bloß einen Heißluftballon beobachten“, erklärte er Richter Hinrich Dimpker im Zuge der Verhandlung. „Meine Waffe hatte ich nur dabei, weil ich sie reinigen wollte.“ Das klingt im ersten Moment logisch. „Aber dann erklären Sie mir bitte, warum sie von Schönberg, wo sie wohnen, mit einer geladenen Waffe zu sich in den Garten fahren?“, so Dimpker. Der Garten liegt zu allem Überfluss im Jagdrevier von Hans J. nahe Rupensdorf.
Der Schleswig-Holsteiner hat das Areal seit 1992 gepachtet und im Jahr 2000 Georg G. einen Begehschein ausgestellt. Als es jedoch zu Unstimmigkeiten zwischen beiden kam, J. wirft dem 72-Jährigen vor, dass er deutlich mehr Wild geschossen habe, als er angegeben hatte, verbot er ihm die Jagd — und zwar im März vergangenen Jahres. Ohne Begehschein hatte G. kein Jagdrevier mehr und damit auch keine Berechtigung, mit seiner Waffe durch die Gegend zu fahren. Das erlaubt Jägern nämlich nur den Transport vom heimischen Waffenschrank zum Revier beziehungsweise zum Schießplatz. Das Georg G. auf seinem Grundstück versteckt in den Bäumen einen Hochsitz („Den haben ich 1974 für die Kinder gebaut.“) mit Sicht auf das Revier von Hans J. errichtet hat, macht die Sache nicht besser.
Ein Jäger erkannte Georg G., als dieser am 11. Juni vergangenen Jahres mit seinem Gewehr auf dem Hochsitz saß und alarmierte sofort einen Jagdaufseher und den Pächter. Die stellten den 72-Jährigen schließlich auf dem Weg zu seinem Auto. Dabei stellten sie fest, dass Georg G. nicht nur verbotenerweise seine Waffe bei sich hatte, im Magazin steckten zudem noch drei Kugeln. Selbst wenn G. zu diesem Zeitpunkt noch einen Begehschein gehabt hätte — der Transport von Waffe und Munition hat laut Waffengesetz getrennt zu erfolgen. Zwar ist es ein offenes Geheimnis, dass sich längst nicht alle Jäger an diese Regelung halten, doch im Fall von Georg G. kümmerte sich anschließend die Polizei um die Sache.
„Ich glaube Ihnen kein Wort“, sagte Hinrich Dimpker. „Wer einen Ballon beobachten will, der setzt sich nicht mit einer scharfen Waffe in einem Baum.“ Der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine Geldstrafe von 3000 Euro beantragte, folgte das Gericht letztlich nicht. „Die 60 Tagessätze in Höhe von 30 Euro werden Ihnen hoffentlich eine Lehre sein.“
Quelle: http://www.ostsee-zeitung.de/lokal